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Nummer 21 Bewegungssnacks

ein neuer niedlicher Begriff für ein ernstes Problem

Ein neuer Begriff in der medizinischen Literatur soll dem Volk neuen Antrieb geben:
,,Bewegungssnacks".
Klingt niedlich und harmlos, süß und verführerisch.
Kleine Bewegungseinheiten, die sich leicht in den Alltag integrieren lassen ohne Vorbereitung und ohne Duschen hinterher, aber mit großer Wirkung?

Der Grund für diesen neuen Motivationsbegriff ist klar: die Bewegungsarmut der Deutschen wächst ungebremst und lässt sich durch Geld nicht therapieren. Die durchschnittliche Sitzzeit hat in Deutschland laut DKV- Report 2023 neun Stunden pro Tag erreicht. Das ist gesundheitlich bedenklich, denn unser Körper ist nun mal nicht fürs Sitzen gebaut. Schon 2017 hatte dies die Weltgesundheitsorganisation WHO erkannt und den Spruch „Sitzen ist das neue Rauchen" hervorgebracht. 

Nicht nur Rücken und Knie werden unsachgemäß belastet und führen in die Arthrose. Auch der Blutkreislauf wird gedrosselt und reagiert mit Bluthochdruck und Thrombosegefahr. Am Beispiel des erhöhten Diabetesrisikos bei Vielsitzern kann man erkennen, dass eine durch eine eingeknickte Körperhaltung beeinträchtigte Blutzirkulation auch Auswirkungen auf die Stoffwechsellage hat. Abfallstoffe werden nicht rechtzeitig aus den Körperzellen abtransportiert, Hormone und Eiweiße kommen nicht zeitgerecht in den Organen an. Also wird gegenreguliert, und die Systeme geraten durcheinander.

Erst habe ich über die Funktion „Aufstehen" auf meiner neuen Apple Watch gelächelt. Auch hier ist das Thema präsent. Von all den ungenutzten Angeboten dieser Uhr erschien mir die Erinnerung, nach 1 Stunde Sitzen mal für 1 Minute aufzustehen, erstmal unnütz. Jetzt verstehe ich es: wenn ich schon 1 Stunde am Schreibtisch sitzen muss, um ganz wichtige Dinge zu erledigen, sollte ich auch ein paar Sekunden investieren, um zwischendurch meinen Kreislauf wieder in Ordnung zu bringen. Dabei geht es nicht nur um den Blutdruck. Auch meinem Darm gebe ich Gelegenheit, sich aus der Bauchpresse der sitzenden Haltung zu lösen, um ungepresst ein paar Kontraktionen durchzuführen. Über die anderen Organsysteme könnten wir noch lange reden. Wenn ich meine, das alles nach einem 4- Stunden- Sitzmarathon noch ausgleichen zu können, dann komme ich zu spät. Und wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Das hatten wir ja schon mal. So hat Prof. Christine Joisten von der Sporthochschule Köln den Begriff
„Bewegungssnacks" kreiert. Wenigstens 1x/ Stunde kurz aufstehen, sich bewegen. Einern Fußballfan braucht man das nicht zu erklären. Wozu gibt es die Halbzeitpause schon nach 45 Minuten? Um Nachschub zu holen, In diesem Fall vor allem Snacks aus dem Kühlschrank in flüssiger Form.

Wenn man schon aufstehen muss/ sollte/ möchte, dann kann man ja auch noch eine kleine Übung machen, wie Frau Prof. Joisten (LN 8.2.24) vorschlägt: 15 Kniebeugen, 15x im Stand das Bein seitlich abspreizen, Treppenlaufen, Hampelmann usw., halt 1 Minute, Ihr erinnert Euch: damit der Stoffwechsel in Gang kommt. Eine kleine Belohnung für den Körper.

Ergänzend sollte man sich überlegen, ob nicht 2024 ein neuer Stehschreibtisch möglich ist. Als sich durch die Corona- Zeit das Home- Office- Arbeiten etabliert hat, wurde vergessen, dass die schlechtesten Büromöbel zu Hause stehen. Hauptsache das Ladekabel des Laptop hat einen Anschluss. Vielleicht kann das Sitzen auf diese Weise zumindest in den eigenen vier Wänden reduziert werden. Viel Spaß beim Wiederentdecken der aufrechten Körperhaltung .
 

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